9. August 2000
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)

Top Floor, Narthang Building, Gangchen Kyishong, Dharamsala 176215, H.P., phone/fax +91/1892/23363, e-mail: dsala@tchrd.org, website: www.tchrd.org

Presseerklärung

Acht Tibeter in Distrikt Sog verhaftet

Acht Tibeter wurden früher in diesem Jahr wegen angeblicher Beteiligung an Unabhängigkeits-Aktivitäten willkürlich verhaftet. Inoffizielle Quellen berichten, daß die festgehaltenen Tibeter mit den seit 1993 immer wiederkehrenden Unruhen im Distrikt Sog in Zusammenhang gebracht wurden. Einer der Inhaftierten ist ein 83-jähriger Mann, der zum zweiten Male verhaftet wurde.

Wir erfuhren von einigen hundert PLA (Volksbefreiungsarmee) Kräften aus China, die in einer hier unlängst errichteten Kaserne stationiert wurden, um das politische Aufbegehren in dem Distrikt unter Kontrolle zu bringen. Einer Quelle aus dem Distrikt Sog zufolge wurden im März 2000 acht Personen unter dem Verdacht der Beteiligung an politischen Aktivitäten wie dem Anbringen von Mauerplakaten festgenommen. Fünf der acht Inhaftierten sind Mönche des Klosters Sog Tsendhen und die anderen sind drei Laien aus demselben Kreis. Sie wurden an zwei verschiedenen Tagen verhaftet, obwohl die Anklagen dieselben sind. In der Nacht des 17. März 2000 wurden Yeshi Tenzin (32) und Gyurmey (28) festgenommen, geschlagen und gezwungen, die Namen ihrer "Komplizen" zu verraten. Zwei Tage später, am 19. März 2000, wurden drei Mönche, Tenzin Chowang (63), Namgyal Soepa (26) und Khedrup, sowie drei Laien Diru Dadak (36), Tsering Lhagon (40) und Serpa Sichoe (83) verhaftet. Sie wurden anfänglich in das PSB (Büro für Öffentliche Sicherheit) des Distrikts Sog gebracht und später nach Lhasa verlegt, wo sie vom Geheimdienst der Autonomen Region Tibet (TAR) festgehalten werden. Seitdem wurden sie nicht mehr gesehen, noch wurde ihren Familienangehörigen erlaubt, sie zu besuchen.

Drei der Verhafteten, Serpa Sichoe, Tenzin Chowang und Namgyal Soepa, werden mit dem Vorfall der Bombenexplosion von 1995 in Zusammenhang gebracht. Auch hätten sie Plakate in dem Landkreis aufgehängt, weswegen sie schon 1997 einige Monate lang in Haft waren. Chowang wurde am 20. Juni 1997 festgenommen, während Sichoe einige Monate später am 23. August 1997 verhaftet wurde. Die Bombe explodierte am 23. Oktober 1995 im Distrikt Sog. In der Haft wurden sie wie verlautet schwer mißhandelt, nach sieben Monaten jedoch freigelassen, weil sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert hatte. Ngawang Soepa wurde in der Nacht des 18. Augusts 1997 verhaftet, aber anscheinend zwei Monate später freigelassen.

PLA Aufmarsch im Distrikt Sog

Mehrere Monate nach dem verstärkten Ausbruch von Unruhen im Juli 1993 wurde ein Militärlager in dem Weidegebiet der Gemeinde Yagla, Distrikt Sog, eingerichtet, in dem mehrere hundert chinesische PLA Soldaten stationiert wurden. Dasselbe geht aus einer offiziellen Stellungnahme von Raidi, dem Vize-Parteisekretär des Partei-Komitees der TAR, in einer Fernsehsendung vom 24. Juni 1996 hervor. Darin ruft er dazu auf, daß die Distriktverwaltung von Sog "Rücksicht auf den Aufbau von Einheiten der Armee und der bewaffneten Polizei nehmen, diesen bei der Lösung gewisser vorliegender praktischer Probleme helfen und entschlossen gegen Sabotageakte der Separatisten vorgehen sollte". Er appellierte auch offen an die tibetischen Kader, ihre Beziehungen zu den neu ankommenden Chinesen zu verbessern.

Unlängst wurde eine mangtsuk (der Gemeinde unterstehende) Schule in der Gemeinde Yongnag in ein Militärlager für etwa 500-6000 chinesische PLA Kräfte umgewandelt, und die Schüler wurden in die sungtsuk (der Regierung unterstehende) Schule des Distrikts Sog geschickt. Unterdessen wurde 1998 mit dem Bau eines weiteren Militärlagers in der Nähe des Klosters Rongpo Rabten in dem Unterdistrikt Jhinrog begonnen. Nach Fertigstellung des Komplexes wurden alle in der Schule einquartierten PLA Truppen in dieses neue Lager verlegt. Am Einweihungstag in 1999 verkündete Dorab, der Distriktvorsitzende von Sog (chin. (xian zhang), daß das Camp dem besonderen "Schutz" der Menschen im Distrikt Sog diene, und daß 1.000 PLA Soldaten speziell zu diesem Zweck aus China bereitgestellt worden seien.

Derselben Quelle zufolge wurden auch in dem Kloster Sog Tsendhen selbst PLA Soldaten stationiert. Die Mönche werden strenger Überwachung unterworfen, und ihre Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt. Insbesondere dürfen sie nicht nach Nagchu und Lhasa reisen.

Der Distrikt Sog ist bekannt als eine Brutstätte von Widerstandsaktivitäten, etwa die Guerilla Operationen bis Mitte der sechziger Jahre und der Zwischenfall mit der Bombenexplosion 1995. Die Einrichtung der Kasernen mit mehreren hundert PLA Truppen erfolgte als Antwort auf eine Reihe von Unabhängigkeitsbekundungen in der Vergangenheit und um weiteren Widerstand zu verhindern.

Frühere Unruhen

Im Juli 1993 bestätigten die Chinesen den Ausbruch von Unruhen in Distrikt Sog der Präfektur Nagchu im Anschluß an eine ernstzunehmende Kampagne, mit der chinesische Wilderer und Händler zum Verlassen der Gegend gezwungen werden sollten. Die Empörung richtete sich gegen das übermäßige Wildern und Jagen und die Übergriffe von chinesischen Einwanderern auf lokale Tibeter. Das träge Verhalten der Polizei veranlaßte die örtliche Bevölkerung von Yagla, Selbstschutzkräfte aufzustellen. Diese Gruppen nahmen Verdächtige fest und übergaben sie der Polizei, die sie jedoch bald wieder mit der Begründung, daß sie gültige Papiere hätten, laufen ließ. Frustriert über diese Voreingenommenheit der Behörden beschädigten tibetische Protestanten 18 chinesische Läden und vertrieben die chinesischen Wanderarbeiter und Händler aus ihren Dörfern, wobei sie aber jede physische Gewalt vermieden. Am 3. August 1993 wurden 50 Fahrzeuge voller Truppen der bewaffneten Volkspolizei (PAP) und des Büros für öffentliche Sicherheit (PSB) aus Lhasa geschickt, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. Bei der ersten Razzia wurden 60 Personen, darunter 11 Kader festgenommen. Drei der Verhafteten wurden in der Polizeihaft schwer gefoltert: der 20-jährige Nyiga, der zu 2 Jahren verurteilt wurde, Tashi Norden, der in den zwei Monaten in Nagchu auf einem Auge blind geworden sein soll, und ein Schullehrer namens Kunchok Tenzin, von dem es heißt, daß er nach einem Jahr in der Haft auf Dauer entstellt sei. Während der ganzen Zeit im Polizeigewahrsam fand kein offizieller Gerichtsprozeß statt.

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